White Passing (UA)

// Stückewettbewerb der Autor:innentheatertage am Deutschen Theater Berlin 2021
// Eingeladen zu den 47. Mülheimer Theatertage „Stücke 2022“
// Eingeladen zum Heidelberger Stückemarkt 2022
// Nachwuchskünstlerin des Jahres 2022 in der Kritiker:innen-Umfrage der Zeitschrift „Theater heute“ ist Sarah Kilter
// Christoph Ernst war in der Kategorie „Raum“ mit „White Passing“ (UA) für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST 2022 nominiert.

Eine teure Handtasche ist ein Statussymbol. Man beweist einen bestimmten Geschmack, ein entsprechendes Milieu und dass man es sich leisten kann. Logisch, so jemand ist materialistisch und sicher nicht links. Hat man allerdings ein kostspieliges Tattoo, sagen wir, für mehr als 500 €, kratzt das landläufig nicht am Image einer antikapitalistischen Gesinnung — solange das Motiv stimmt. Ihmchen empfindet das als scheinheilig. Wie auch so vieles andere, das sie ihrer deutschen Heimat attestiert. Selbst im engen Freundeskreis und erst recht vor der eigenen Charlottenburger Haustür lauern die blinden Flecken, die niemand sehen will. Gerade nicht diejenigen, die sich als besonders reflektiert verstehen.
Wieso Ihmchen dafür einen geschärften Blick hat? Sie steht eben nur mit einem Bein in der deutschen Mehrheitsgesellschaft. Mit dem anderen steht sie auf der Badstraße im Wedding, wo sie zeitweise beim algerischen Vater aufgewachsen ist. Dieser Teil von ihr ist gewissermaßen undercover, denn irgendwie „sieht man das nicht bei ihr“, das Migrantische. Sonst hätte man doch ganz anders Verständnis gehabt, hätte das mit einbezogen und Rücksicht genommen! Doch darum bittet die Erzählerin nicht. Auch richtigstellen will sie nichts. Aber einen Perspektivwechsel bietet sie an. Und eine erweckende Nacht im (anders) geteilten Berlin.
Mit „White Passing“ zeigt die Autorin Sarah Kilter ein feines Gespür für die Ambivalenzen und Widersprüche unserer Gesellschaft. Formstark weiß sie diese über die verschiedenen Ebenen des Textes auszuspielen und macht in ihrer Abrechnung selbst vor der eigenen Person nicht halt: mit dem Verschnitt von Autorin und Werk. Wäre sie in diesem Umgang nicht so unprätentiös humorvoll, es könnte einem das Lachen im Halse stecken bleiben.

„White Passing“ von Sarah Kilter ist eines von drei Gewinnerstücken der Autor:innentheatertage 2021 des Deutschen Theaters Berlin. Die Jury, bestehend aus Dramatiker Lukas Bärfuss, Schauspielerin Fritzi Haberlandt sowie Musiker und Regisseur Schorsch Kamerun, hat sie unter 212 Einsendungen ausgewählt. Zusammen werden die Texte in einer Langen Nacht der Autor_innen in Berlin zur Uraufführung gebracht. Als Partnertheater realisiert das Schauspiel Leipzig die Inszenierung von „White Passing“. Die Regie übernimmt Thirza Bruncken, die nach „Drei sind wir“ und „Lebendfallen“ zum dritten Mal die Diskothek-Bühne bespielt.

Sarah Kilter wurde 1994 in Berlin geboren. Sie studierte von 2016 bis 2020 Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. Ihre Stücke liefen in Werkstattinszenierungen am Hans Otto Theater in Potsdam, am bat-Studiotheater sowie in der Box des Deutschen Theaters Berlin. Ihr erstes Hörspiel „Mädchen-Liegestütze“ wurde 2019 im Deutschlandfunk Kultur urgesendet.
Zusatzhinweise auf sensible Inhalte zu „White Passing“ finden Sie hier.
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Pressestimmen

MDR Kultur (2023)
„Mit wunderbar steifen Bewegungen erzählen die Darstellerinnen von den Absurditäten des Lebens in Deutschland. Ein Abend voller Humor und Erkenntnis.“
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nachtkritik
Uraufführungsregisseurin Thirza Bruncken entscheidet sich: für maximale Stilisierung. Und für gnadenlose lronisierung. "White Passing", dieser Schwebezustand zwischen den Welten, wird beschrieben als Party, bei der das Geburtstagskind fehlt. [...] Abbas, Preuß und Schmidt spielen das mit Mut zur Selbstentäußerung, während Christoph Ernsts Ausstattung ihnen jegliche Individualität verweigert.
LVZ
„Das sprudelnde Texttheater mit Perspektiv-Wechseln und Meta-Ebene lässt sich zwischen Milieu-Analyse und frecher Ironie kaum fassen. Bruncken und ihr Team finden mit der surrealen Reisetaschen-Welt und Puppenfiguren eine spielerische Entsprechung. Und arbeiten aus dem artifiziellen Setting doch einen klaren Handlungsstrang und eine Protagonistin als Kulminationspunkt unterschiedlicher Pole heraus.“
Berliner Zeitung
„Kilter [versucht] sich in einer Collage aus drei parallelen Spielebenen einem Deutschland zu nähern, das in soziale Schichten und kulturelle Stereotypen zerfällt.“
Das Kulturblog
„Thirza Bruncken beginnt das Stück sehr unterhaltsam: Meriam Abbas, Julia Preuß und Bettina Schmidt piepsen die Dialogfetzen vor sich hin, mit denen sich Sarah Kilter über typische Diskursmuster der beschriebenen Milieus lustig macht. Das Stimmen-Gewirr wird durch kurze tänzerische Einlagen durchbrochen, die Romy Avemarg zu Lady Gaga oder the Prodigy choreographierte.“
Mannheimer Morgen
Barbie plappert? Oft witzig, manchmal Nonsens, meist aber ambitioniert, denn die Autorin Sarah Kilter will dem pseudo-liberalen Bürgertum auf den selbstgefälligen Zahn fühlen, wo es doch irritierende Gegenwelten und Lebensentwürfe zu entdecken gilt. Die versuchen die drei Spielerinnen mit locker-intensiver Kunst aufzudröseln.
MDR Kultur
„Sarah Kilter ist mit ‚White Passing‘ ein wunderbarer Text gelungen, der viel Witz hat und gleichzeitig immer genau in die Wunde zielt. Auf vielen Bühnen wird gerne über den Rechtsruck gesprochen und meist sitzen dort nur Menschen, die die gleiche Weltsicht haben. Doch Kilter nimmt dieses Publikum in den Blick und lässt es über sich selbst lachen und erschrecken.“
nachtkritik
„Das sprachlich stärkste Stück kommt an diesem Abend von der Dramatikerin Sarah Kilter […]. Ihr Stück ist ein großes Spiel mit Zuschreibungen, das, hoch aufgedreht und inszenatorisch verfremdet, die Fallstricke von Identitäts-Konstruktionen offenlegt. Und – das eint es mit den anderen zwei Arbeiten – wenig Angst vor der Provokation hat.“
Rhein-Neckar-Zeitung
Das vielschichtige Bühnenwerk vereint assoziativ viele Aspekte, auch Reflexionen über das Stück und die Autorin Sarah Kilter sind einbezogen. Aber alles wird leicht durch den Schwung, mit dem die Darstellerinnen durch die flauschige Szenerie wirbeln. – Viel Applaus.
Kultura Extra
„[D]er Text [ist] intelligent, ironisch und eine durchaus ernstgemeinte Beschreibung deutscher Lebenswirklichkeit in zwei verschiedenen Berliner Stadtbezirken. Jedenfalls wie sie sich in den Reflexionen der Autorin darstellt. [...] Die Autorin, selbst im Wedding aufgewachsen und nun in Charlottenburg wohnhaft, greift diese Widersprüche mit viel Witz auf und reflektiert das sogenannte ‚White Passing‘ (also als biodeutsch durchgehend) ihrer Hauptfigur, die sich an ihre Kindheit in der Badstraße mit homophober Rapmusik von Bushido erinnert.“
Leipzig-Premiere am 14. Oktober 2021
Diskothek

Nächste Termine


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Spieldauer

ca. 1:40

Team

Autorin: Sarah Kilter
Inszenierung: Thirza Bruncken
Bühne und Kostüme: Christoph Ernst
Dramaturgie: Marleen Ilg
Licht / Bühnenmeister: Thomas Kalz
Ton: Anke Ahlert
Requisite: Sven-Sebastian Hubel
Maske: Kerstin Wirrmann
lnspizienz: Jens Glanze
Soufflage: Christiane Wittig
Regieassistenz: Lina Wegner
Kostümbildassistenz: Ragna Hemmersbach
Bühnenbildassistenz: Romy Rexheuser
Theaterpädagogische Betreuung: Rosa Preiß

Trailer