Rechnitz (Der Würgeengel)
Ein Ort, irgendwo. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Boten erscheinen. Sie berichten. Sie erzählen. Sie verteidigen sich. Sie widersprechen sich. Ihre Themen: Das Vergessen. Das Erinnern. Deutschland. Wir alle. Und immer wieder: Ein Fest auf einem Schloss, kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Ein Fest, während dessen über 180 Zwangsarbeiter ermordet werden. Ein Fest, an das sich niemand erinnern will und das keiner vergessen kann. Das Fest, das den Fixpunkt von Elfriede Jelineks Text bildet, hat tatsächlich stattgefunden: Während einer sogenannten SS-Abendgesellschaft auf dem Schloss der Gräfin Batthyány, geborene Thyssen-Bornemisza, in Rechnitz/Österreich wurden noch im März 1945, die russische Armee war nur Kilometer entfernt, über 180 deportierte jüdisch-ungarische Zwangsarbeiter umgebracht. Ein Geschehen, das trotz jahrzehntelanger Versuche noch immer nicht endgültig aufgeklärt ist: Zeugen starben plötzlich, die Opfer wurden nie gefunden, Tatverdächtige lebten unbehelligt – und die Dorfgemeinschaft erstarrte.
1994 drehten Eduard Erne und Margareta Heinrich in Rechnitz einen Dokumentarfilm während eines erneuten Versuchs, das Grab der Ermordeten zu finden. „Totschweigen“ heißt der Film – allerdings wird deutlich, wie viele Worte dieses Schweigen braucht. Das Schweigen ist sehr laut. Elfriede Jelinek war dieser Film Inspiration für eine überbordende Stimmen- und Themencollage; mit immenser gedanklicher Schärfe und fesselnder Assoziationskraft umkreist sie den Fall Rechnitz und verbindet dabei mit großer sprachlicher Kraft die Themen, die ihr ganzes Werk bestimmen: Das Verdrängen und das Verharmlosen. Die Vergangenheit und die Verlogenheit. Vom Geschehen erfahren wir nur, was die Boten uns berichten. Nichtsdestoweniger ist „Rechnitz (Der Würgeengel)“ ein gewaltiger, ein gewalttätiger Text. Ein Text mit doppeltem Boden, ein Text über den Missbrauch der Sprache. Jelineks Boten sind Boten der Täter, Boten der Rechtfertigung. Aber ihr Reden, es endet immer wieder im Leerlauf, in der Schleife, in der Wiederholung, gefangen von einer Thematik und einem Ort wie die Figuren in Luis Buñuels Film „Der Würgeengel“.
Jelineks Text zeigte das Schauspiel Chemnitz 2012 als erstes ostdeutsches Theater.
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1994 drehten Eduard Erne und Margareta Heinrich in Rechnitz einen Dokumentarfilm während eines erneuten Versuchs, das Grab der Ermordeten zu finden. „Totschweigen“ heißt der Film – allerdings wird deutlich, wie viele Worte dieses Schweigen braucht. Das Schweigen ist sehr laut. Elfriede Jelinek war dieser Film Inspiration für eine überbordende Stimmen- und Themencollage; mit immenser gedanklicher Schärfe und fesselnder Assoziationskraft umkreist sie den Fall Rechnitz und verbindet dabei mit großer sprachlicher Kraft die Themen, die ihr ganzes Werk bestimmen: Das Verdrängen und das Verharmlosen. Die Vergangenheit und die Verlogenheit. Vom Geschehen erfahren wir nur, was die Boten uns berichten. Nichtsdestoweniger ist „Rechnitz (Der Würgeengel)“ ein gewaltiger, ein gewalttätiger Text. Ein Text mit doppeltem Boden, ein Text über den Missbrauch der Sprache. Jelineks Boten sind Boten der Täter, Boten der Rechtfertigung. Aber ihr Reden, es endet immer wieder im Leerlauf, in der Schleife, in der Wiederholung, gefangen von einer Thematik und einem Ort wie die Figuren in Luis Buñuels Film „Der Würgeengel“.
Jelineks Text zeigte das Schauspiel Chemnitz 2012 als erstes ostdeutsches Theater.
Deutschland Radio
„[...] ein großartiges Stück Theater.“
Leipziger Internet Zeitung
„Das ist großes Theater. Schauspieler und Team erhielten völlig zu Recht stürmischen Beifall.“
LVZ
„Fünf durchweg überzeugende Schauspieler legen das Geschehen in einer beklemmenden Sprechtheater-Collage frei – um es gleichzeitig zu verschleiern. […] Die Regie zieht eine wohl gesetzte Diskrepanz zwischen Spiel und Wort ein.“
Theater heute
„Jelineks Selbstentlarvungs-Tiraden tropfen gutgelaunt von den fettigen Mündern, während die redefreudige Fünferbande sich mit größter Selbstverständlichkeit die Bäuche vollschlägt, Verdauungszigarren ansteckt, eine kleine After-Dinner-Orgie auf dem Fußboden feiert oder eben die Doppelflinten abfeuert: ein rundum gelungener Heimatabend.“
Premiere am 7. November 2013
Spieldauer
ca. 1:30, keine PauseTeam
Autorin: Elfriede Jelinek
Regie: Enrico Lübbe
Bühne: Hugo Gretler
Kostüme: Michaela Barth
Dramaturgie: Torsten Buß
Licht: Carsten Rüger