Jeder stirbt für sich allein / Die Leipziger Meuten
„Jeder stirbt für sich allein“ erzählt die Geschichte des Ehepaars Otto und Anna Quangel, die zurückgezogen leben, als sie die Nachricht erreicht, dass ihr Sohn an der Front gestorben ist. Vom Tod ihres einzigen Kindes zutiefst erschüttert, wächst ihr Zweifel am diktatorischen Regime und dessen Kriegstreiberei und sie beschließen, mit ausgelegten Postkarten zum Aufstand gegen das Naziregime aufzurufen — in dem Glauben, ihren Mitmenschen auf diesem Weg die Augen öffnen zu können …
Bereits längere Zeit beobachtet die Gestapo vermehrt Gruppen von Jugendlichen, die den öffentlichen Raum besetzen und durch einheitliche Kleidung und Auseinandersetzungen mit der Staatsjugend auffallen. Es sind Mitglieder der „Leipziger Meuten“, einer der größten oppositionellen Jugendbewegungen während der NS-Zeit, die sich mit dem Ziel, die eigene Autonomie zu bewahren, als Alternative zur Hitlerjugend gründen. Wortführer der „Leipziger Meuten“ werden unter dem Vorwurf, einen kommunistischen Umsturz zu planen, durch Gestapo, Justiz und Jugendämter verfolgt und zu Gefängnisstrafen verurteilt; einige werden ins KZ Buchenwald gebracht. Doch die Meuten gibt es weiterhin.
Hans Falladas Roman „Jeder stirbt für sich allein“ und das historische Phänomen der Leipziger Meuten — beide verhandeln Opposition zur Zeit des Nationalsozialismus, einerseits in der Generation der Eltern, andererseits in der Generation der Kinder. Und beide Male geht es dabei weniger um einen politischen Akt als vielmehr um den Versuch, innerhalb eines faschistischen Systems für Freiräume, Selbstbestimmung und die eigenen Überzeugungen zu kämpfen.
„Jeder stirbt für sich allein“ fängt die Verzweiflung der Quangels sowie die von Angst über Feigheit bis zu Hass reichenden Emotionen ihres Umfelds ein, so dass ein Panorama des alltäglichen Lebens im Nationalsozialismus entsteht. Durch die Verschränkung des Romans mit der historischen Realität der Leipziger Meuten erweitert sich dieses Panorama: Während im Roman ein einzelnes Ehepaar einer verrohten Mehrheitsgesellschaft gegenübersteht, ist bei den Leipziger Meuten gerade das Gruppengefüge der Jugendlichen zentral, so dass ein Spannungsfeld zwischen der Frage nach der Verantwortung des Einzelnen und der Kraft einer Gruppe entsteht — verbunden durch die Frage, ob aussichtslose Taten wirklich vergeblich sind, wenn sie Selbstbestimmung verheißen können.
Mit der Verschränkung der beiden Stoffe setzt das Schauspiel Leipzig seinen Weg der Doppelbefragung fort.
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Bereits längere Zeit beobachtet die Gestapo vermehrt Gruppen von Jugendlichen, die den öffentlichen Raum besetzen und durch einheitliche Kleidung und Auseinandersetzungen mit der Staatsjugend auffallen. Es sind Mitglieder der „Leipziger Meuten“, einer der größten oppositionellen Jugendbewegungen während der NS-Zeit, die sich mit dem Ziel, die eigene Autonomie zu bewahren, als Alternative zur Hitlerjugend gründen. Wortführer der „Leipziger Meuten“ werden unter dem Vorwurf, einen kommunistischen Umsturz zu planen, durch Gestapo, Justiz und Jugendämter verfolgt und zu Gefängnisstrafen verurteilt; einige werden ins KZ Buchenwald gebracht. Doch die Meuten gibt es weiterhin.
Hans Falladas Roman „Jeder stirbt für sich allein“ und das historische Phänomen der Leipziger Meuten — beide verhandeln Opposition zur Zeit des Nationalsozialismus, einerseits in der Generation der Eltern, andererseits in der Generation der Kinder. Und beide Male geht es dabei weniger um einen politischen Akt als vielmehr um den Versuch, innerhalb eines faschistischen Systems für Freiräume, Selbstbestimmung und die eigenen Überzeugungen zu kämpfen.
„Jeder stirbt für sich allein“ fängt die Verzweiflung der Quangels sowie die von Angst über Feigheit bis zu Hass reichenden Emotionen ihres Umfelds ein, so dass ein Panorama des alltäglichen Lebens im Nationalsozialismus entsteht. Durch die Verschränkung des Romans mit der historischen Realität der Leipziger Meuten erweitert sich dieses Panorama: Während im Roman ein einzelnes Ehepaar einer verrohten Mehrheitsgesellschaft gegenübersteht, ist bei den Leipziger Meuten gerade das Gruppengefüge der Jugendlichen zentral, so dass ein Spannungsfeld zwischen der Frage nach der Verantwortung des Einzelnen und der Kraft einer Gruppe entsteht — verbunden durch die Frage, ob aussichtslose Taten wirklich vergeblich sind, wenn sie Selbstbestimmung verheißen können.
Mit der Verschränkung der beiden Stoffe setzt das Schauspiel Leipzig seinen Weg der Doppelbefragung fort.
Frizz
„Dabei, das macht das Stück zum großen Gesellschaftspanorama mit Gegenwartsbezug, ist stets ein wacher, analytischer Geist präsent. […] Das Theaterstück zeigt, wie der NS-Terror, wie jede Diktatur die Bindungen der Gesellschaft zersetzt, es zeigt, wie der Wahnsinn sich langsam, aber stetig ins Gemeinwesen frisst. Das ist beängstigend gut und hellsichtig gegenwärtig. Ganz starkes Theater.“
Junge Welt
„Die Kulisse bildet ein von Susanne Schuboth kongenial gestalteter Gebäudekomplex. Er vereint Wohnungen, Kneipe, Bordell, Fabrik und Zoohandlung zur Verdeutlichung gesellschaftlicher Zusammenhänge. Um die Szenen innerhalb des Gebäudes zeigen zu können, bedient sich die Produktion mehrerer Kameras. Diese ermöglichen es, das sonst nur zu erahnende Geschehen überlebensgroß auf Hauswand und separate Leinwände zu übertragen. Nicht zuletzt Sinnbild dafür, dass das Private ins Öffentliche gezwungen wird, deren bürgerliche Trennung so negativ aufgehoben ist.“
kreuzer — Das Leipzig Magazin
„Auf Nazikitsch und zwanghafte Aktualisierung verzichtet die Ausstattung. Gegenwartsbezüge liefert die Gegenwart in dieser Hinsicht selbst genug.“
KULTURA-EXTRA
„Eine insgesamt sehr überzeugende Ensembleleistung.“
Leipzigs unabhängige Hochschulzeitung
„In jedem Fall ist ‚Jeder stirbt für sich allein / Die Leipziger Meuten‘ postdramatisches Theater erster Klasse und beeindruckt mit schauspielerischer Leistung, explosiver Kraft und großartigem Bühnenbild.“
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LVZ
„Die aufwändige Inszenierung verwebt die Romanhandlung mit den sogenannten Leipziger Meuten – Jugendgruppen, die sich selbst organisiert in Opposition zur Hitler-Jugend bewegten. So entsteht auf der Bühne ein kraftvoll wogendes Panorama, in der jede Hoffnung erstickt wird. Niemand kann sich den Ereignissen entziehen.“
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MDR artour
„Vielschichtig wird hier ein gesellschaftliches Klima seziert und nach der Verantwortung des Einzelnen gefragt. Ein energetischer Theaterabend mit viel Stoff für den Kopf, denn der Gegenwartsbezug schwingt immer mit.“
mephisto 97.6
„Die Inszenierung [schafft es,] durch die schnellen Szenenwechsel und die schauspielerische Leistung des Ensembles, das Publikum bis zum Ende des Kampfes um Selbstbestimmung und Autonomie mitzunehmen. Besonders das Ehepaar Quangel verkörpert durch Julischka Eichel und Wenzel Banneyer überzeugt mit Bühnenpräsenz. Schonungslos und ohne moralischen Zeigefinger verweisen sie auf die Frage nach der eigenen Verantwortung für sich selbst und andere in Zeiten faschistischer Entwicklungen.“
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nachtkritik.de
„Bettina Schmidt besticht mit einer todtraurig anrührenden Frau Rosenthal. [...] Ihre Mimik, aus der jedes Leben gewichen ist, die leeren Augen drücken die ganze Verzweiflung dieser Frau aus. Nicht weniger überzeugend ist Wenzel Banneyer als Otto Quangel, ein einfacher Mann mit Gewissen. Selbst wenn er schlurft, zeigt er noch Rückgrat. Julischka Eichels Wandel von der trauernden und verzweifelten Mutter Anna Quangel zur entschlossenen Oppositionellen ist grandios. Schwäche und Stärke vereint sie gekonnt in ihrer Figur, die ständig in der Balance zwischen diesen beiden Polen changiert.“
Neues Deutschland
„Der Blockwart Emil Barkhausen, eine Knallcharge übelster Art und sein jämmerlicher Freund Enno – ein überaus seltsames Paar. Ebendieses Drama zwischen beiden, den Verrat auf unterster menschlicher Ebene, machen die großartigen Tilo Krügel und Markus Lerch zu einer ganz eigenen Art von Störfall. [...] Man schaut schockiert: Auch dies sind Menschen mit Träumen und Ängsten. Banal, böse, aber auch wieder fast so vertraut wie der Blick in den Spiegel.“
„Petras [lässt] es krachen: mit Videoprojektionen, Drehbühneneinsätzen und klassischem Schauspiel. Herausragend dabei ist Julischka Eichel, die als Anna Quangel alle Medien souverän bespielt und das spielerische Kraftzentrum der Inszenierung bildet. Eine vom Leben verwundete Mutter voll existenzialistischer Verzweiflung und dem unbändigem Willen zum richtigen Leben im falschen, die zusammen mit ihren Mann in kleinen Taten dem Großen die Stirn bietet. Wenzel Banneyer gibt dazu den überkorrekten und maximal unauffälligen Otto Quangel, und auch Bettina Schmidt, erst als alte Jüdin, die unter die Räder kommt, und später als Zoohandelsbesitzerin, ist ein wahrer Vulkan der totalitären Beklemmung in dieser pink-bunten Naziwelt.“
Urbanite
„Es ist das richtige Thema zur richtigen Zeit. Die Kombination der beiden Stoffe ist überaus gelungen, gibt uns Einblick in den Widerstand verschiedener Generationen und punktet durch den lokalen Bezug. Das Bühnenbild ist beeindruckend, das Aufgebot an zeitgenössischen Theatertricks groß, die schauspielerische Leistung aller Beteiligten hervorragend.“
Premiere am 18. Januar 2019
Spieldauer
ca. 3:10, eine PauseBesetzung
Julischka Eichel als Anna Quangel
Wenzel Banneyer als Otto Quangel
Andreas Keller als Obergruppenführer Heitler
Felix Axel Preißler als Oberkommissar Escherich
Annett Sawallisch als Jungkommissarin Luisa von Ganten / Emmi Barkhausen
Dirk Lange als Kriminalpolizeianwärter Lutz
Bettina Schmidt als Frau Rosenthal / Zooi
Berndt Stübner als Kammergerichtsrat Fromm / Milek
Markus Lerch als Enno
Alina Heipe als Trude
Tilo Krügel als Emil Barkhausen
Michael Pempelforth als Leo / SA-Mann
Tobias Amoriello als Meutenmitglied Hans / Polizist
Ron Helbig als Meutenmitglied Rolf
Julian Kluge als Baldur Barkhausen
Philipp Staschull als Meutenmitglied Wolfgang / Marktfrau
Friedrich Steinlein als Meutenmitglied Rudi / Polizist
Paul Trempnau als Meutenmitglied Karl
Nicole Widera als Eva Kluge / Meutenmitglied Lila
Nina Wolf als Frau Heitler / als Meutenmitglied Martha
Marie Rathscheck als Frau Rosenthal / Zooi (am 14.02.2020)
Team
Regie: Armin Petras
Bühne: Susanne Schuboth
Kostüme: Karoline Bierner
Video: Rebecca Riedel, Ari Merten
Live-Video: Judith Meister / Doreen Schuster
Choreographie: Denis Kuhnert
Dramaturgie: Clara Probst
Wissenschaftliche Beratung: Sascha Lange
Licht: Jörn Langkabel