Jahrestage. Erster Teil (UA)

nach dem Roman von Uwe Johnson
Ein Projekt von Anna-Sophie Mahler
Jeden Morgen schlägt Gesine vor der Subway ihre Zeitung auf, die New York Times. Damit beginnt ihr Tag. Und damit beginnen auch Uwe Johnsons „Jahrestage“ — und die Berichte aus dem Leben von Gesine Cresspahl. Tag für Tag, über ein Jahr hinweg, erzählt sie ihrer Tochter abends, was in der Zeitung stand, die aus aller Welt berichtet, von Kriegen und globalen Verwerfungen. Danach erzählt Johnsons Protagonistin ein Stück aus ihrer Familiengeschichte, aus dem alten Europa.
Über die gedämpften Schreie einer unruhigen Gegenwart steigt die Erzählerin hinab in die Stille der Erinnerungen. Erinnerungen an stürmische Jahrestage in Europa zwischen Weimarer Republik, Nationalsozialismus und der frühen DDR, die Parallelen zu den gegenwärtigen aufweisen und doch verschieden sind. Die Erinnerungen verselbstständigen sich, eine Gestalt tritt auf und zieht wieder ab, wechselt hinüber in eine andere Zeit auf der anderen Seite des Ozeans. Erinnerungen gelangen zu neuer Gegenwart, umgeben vom Lärm der Metropole New York im Epochenjahr 1967 / 68, inmitten von Vietnamkrieg und Studentenprotesten.
Es entblättert sich ein weltläufiges Panorama deutsch-deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts, zugleich die Geschichte einer Familie zwischen Mecklenburg und New York City.

Erster Teil

Gesine Cresspahl stammt aus einem kleinen Dorf namens Jerichow irgendwo in Mecklenburg. Jetzt lebt sie mit ihrer Tochter Marie in der Großstadt New York in frei gewähltem Exil, das sich mehr für die Tochter als für sie wie Heimat anfühlt. Sie ist eine der vielen Immigrantinnen des Big Apple, sicher gestrandet im Trubel der Insel Manhattan, doch innerlich von Heimweh geplagt, verborgen in robuster Eigenständigkeit.
Der erste Band von Uwe Johnsons Roman-Tetralogie „Jahrestage. Aus dem Leben von Gesine Cresspahl“ bildet schwerpunktmäßig die Grundlage für Anna-Sophie Mahlers Inszenierung „Jahrestage. Erster Teil“ am Schauspiel Leipzig. Erzählt wird aus dem Alltag einer alleinerziehenden Mutter im Jahr 1967 / 68 und aus transatlantischen Erinnerungen an ein bewegtes Leben im alten Europa zu Beginn des deutschen Nationalsozialismus.
Hausregisseurin Anna-Sophie Mahler studierte Regie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Seither gilt ihr künstlerisches Interesse experimentellen, besonders auch dokumentarischen Formen im Musiktheater. Als Schauspiel- und Opernregisseurin ist sie u. a. am Theater Bremen, an den Münchner Kammerspielen oder der Deutschen Oper Berlin tätig. Seit 2006 arbeitet sie auch mit ihrer freien Gruppe CapriConnection im Bereich des dokumentarischen Theaters. Am Schauspiel Leipzig inszenierte sie „Eriopis — Medeas überlebende Tochter erzählt alles“, „La Bohème. Träume // Leipzig“ und „Undine“.
Im Frühjahr 2024 sind „Jahrestage. Erster Teil“ und Jahrestage. Zweiter Teil auch an zwei Tagen in Folge zu erleben (15. und 16. März sowie 5. und 6. April).
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Pressestimmen

der Freitag
„Die größte Leistung dieses Abends ist, dass [er] diesem nach wie vor brisanten Jahrhundertroman im wahrsten Sinne eine Bühne gibt. Durch die Konzentration auf die äußere Handlung ermöglicht die Inszenierung einen guten Einstieg in den Mammuttext.“
Deutschlandfunk Kultur "Fazit"
„[...] ein sehr angenehmer, unterhaltender, varietéhafter Abend, die viele Elemente zusammenbringt [...] – eine Art Johnson-Oratorium.“
Die deutsche Bühne
„Im Hintergrund agiert eine mehr und mehr das Stück tragende Liveband (Musik: Martin Wenk und Michael Wilhelmi), die die Textflächen in eine dynamische Bewegung bringen soll. Die Schauspielerinnen und Schauspieler ergreifen diese hervorragende Chance zur gesanglichen Selbstbefreiung.“
FAZ
„[…] provoziert von zwei moralischen Instanzen: der „New York Times“ und dem Schriftsteller Uwe Johnson. Beide werden im Schauspiel Leipzig von demselben Mann verkörpert: Thomas Braungardt, der schon mit seiner Kleidung signalisiert, dass man von ihm schwarz auf weiß die Wahrheit zugemutet bekommt.“
kreuzer
„Gesine Cresspahl steht verloren auf leerer Bühne im Bodennebel. Musiker spielen »Eleanor Rigby« von den Beatles, und Gesine nimmt ihrer Tochter Marie Uwe Johnsons »Für wenn ich tot bin« auf. Gänsehautmoment. Da steckt alles drin: das Pathos eines Testaments, eine Prise Leichtigkeit.“
MDR Kultur
„[...] ziemlich gelungen [ist die] Idee, die Zuschauer zu Beginn langsam mit reinzunehmen in den Stoff, indem die Schauspielerinnen und Schauspieler sich erstmal an den Bühnenrand setzen und darüber sprechen, wie sie das Buch verstanden haben: was hat sie daran bewegt, wie sind sie an ihre Figuren herangegangen. Das hilft beim Verständnis.“
nachtkritik
„Gut durchdacht die Strichfassung [...], der man gut folgen kann. Ebenso die motivisch eingesetzte Live-Musik, die die Ortswechsel nachvollziehbar macht. Durchdacht auch das Bühnenbild aus weißen Quadern, die multifunktional Möbel oder Häuser oder Sichtachsen verkörpern."
Süddeutsche
„Die Hauptdarstellerin dieses Abends sucht auf Johnsons zentrale Frage „Wie sollen wir richtig leben?“ eine seriöse Antwort. In ihrem ständigen Hinterfragen moralischer Dilemmata erfindet Isemer eine tiefsinnige, sehr empathische Figur. [...] Mit Ruhe weckt sie das Interesse an einem ganz besonderen Menschen, den Johnson als beglückend integer und unkorrumpierbar entworfen hat.“
Theater der Zeit
„[...] im Wechsel zu den Amerika-Szenen, spielt die ausgebildete Musiktheater-Regisseurin Anna-Sophie Mahler zusammen mit ihren beiden exzellenten Musikern Martin Wenk und Michael Wilhelmi ihren größten Trumpf aus: Lieder von den Beatles (und auch eins von dem Protestheroen Pete Seeger) kontrastieren die behäbige Mecklenburg-Welt auf dem Sprung nach New York. [...] Die hervorragend arrangierten und gesungenen Lieder bilden ohne Zweifel eine Entsprechung zu Johnsons breit angelegter Zeitbildmontage.“
Theater heute
„Hausregisseurin Mahler bringt auch dieses Mal Musik als wichtige Erzählebene ein. [...] Erstaunlich ist, wie passgenau die erzählerischen Motive mit den musikalischen Themen übereinandergehen [...]“
Uraufführung am 18. März 2023
Dernière am 04. Mai 2024

Große Bühne

Spieldauer

ca. 2:50, eine Pause

In dieser Inszenierung wird Stroboskoplicht verwendet.

Besetzung

Sonja Isemer als Gesine Cresspahl
Paula Vogel als Marie Cresspahl
Thomas Braungardt als New York Times / Uwe Johnson
Markus Lerch als Heinrich Cresspahl
Paulina Bittner als Lisbeth Papenbrock, später Cresspahl
Andreas Keller als Albert Papenbrock / De Rosny
Bettina Schmidt als Louise Papenbrock / Schwester Magdalena
Denis Petković als Horst Papenbrock / D.E. (Dietrich Erichson)

Live-Musik

Michael Wilhelmi, Martin Wenk

Team

Text- & Konzeptmitarbeit: Falk Rößler
Bühne & Kostüme: Katrin Connan
Dramaturgie: Benjamin Große
Licht: Carsten Rüger
Theaterpädagogische Betreuung: Amelie Gohla

Erweitertes Team

Video: Kai Schadeberg
Ton: Anko Ahlert
Inspizienz: Ute Neas
Soufflage: Christiane Wittig
Regieassistenz: Johannes Preißler
Bühnenbildassistenz: Stella Vollmer
Kostümassistenz: Carolin Schmelz
Maske: Cordula Kreuter, Julia Markow, Ute Markow
Requisite: André Sproete
Bühnenmeister: Patrick Ernst
Dramaturgiehospitanz: Juliane Knopik, Tabea Papritz
Kostümhospitanz: Mona Hamman
Bühnenbildhospitanz: Ahn Phoung-Anh Pham

Trailer

Einführung