die hockenden
//Gewinnerstück des Retzhofer Dramapreises 2015
im grunde gibt es nichts zu sagen,
aber gesprochen wird viel.
gesprochen wird viel, und dann fällt
es runter irgendwo und verklumpt.
gesprochen wird viel, und dann liegt
es rum irgendwo.
hier ist schon viel gesprochen worden.
hier wurde schon einiges gesagt, in
den boden hinein.
dann hat einer rumgetreten drauf und
feste erde daraus gemacht.
auf so einem boden steht man immer
nur so gut man kann.
so gut es geht.
wer weiß auf welchem grund man da
steht.
Sie hocken in Pfützen, im Moder, in einer Mulde und schwer ist es ihnen, sich daraus zu erheben. Sie waren immer schon da und sind es noch. Und gut, dass es sie gibt, sonst wüsste man nicht, was geschieht, auch wenn nichts geschieht, so braucht es doch jemanden, der davon erzählt. Das tun sie. Vielleicht haben sie mal auf dem Boden gestanden, aber jetzt sind sie eingesunken und nur nah an der Erde finden sie noch Halt. Und in den Kneipen. Dort ist auch noch Platz für sie. Auch wenn die Kneipen ab und zu brennen. Das tun sie nicht selten. Doch was soll‘s, schnell werden die Kneipen wieder aufgebaut, und dann brennen sie wieder, jahrein jahraus. Manchmal stehen sie dabei und schauen, manchmal gehen sie auch weg. Sie kennen das schon. Kein Grund zur Sorge.
Doch es gibt einen, der läuft, einen, der an die Kneipen pisst und dann weggeht. Er ist besonders, er ist anders, das haben sie schon immer gewusst. In ihn setzen sie all ihre Hoffnungen. Er soll ihnen sagen, was die Zukunft bringt. Sie setzen sich zu ihm, wenn er in der Kneipe den Kopf auf die Arme stützt. Er soll ihnen erzählen. Aber er tut es nicht. Er schweigt. Er will nicht sprechen. Er trinkt.
Und einer hat‘s vorausgesehen, dass dies nicht der Heilsbringer sein wird. Ein Alteingesessener. Jeder Schritt ist ein Schritt zu weit an diesem Ort, sagt er. Keiner darf den hier tun. Er durfte es auch nicht. Und so ist er stehen geblieben, hat sich hingehockt und legt sich nun nieder. Und bleibt, wo er schon immer war.
Und wieder brennt eine Kneipe…
Der Retzhofer Dramapreis wird alle zwei Jahre vergeben und ging bisher an AutorInnen wie Ewald Palmetshofer, Johannes Schrettle, Gerhild Steinbuch oder Ferdinand Schmalz. In diesem Jahr wurden sogar zwei Autorinnen prämiert, deren Texte unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine davon ist die junge Autorin Miroslava Svolikova, die 1986 in der CSSR geboren wurde und in Wien aufwuchs. Sie studiert derzeit, nach ihrem abgeschlossenen Philosophiestudium, an der Akademie der bildenden Künste Wien. Mit den „hockenden“ hat sie eine Partitur an Stimmen komponiert, eine Polyphonie, wobei unbestimmt bleibt, wer diese Stimmen sind: eine Dorfgemeinschaft? Eine Realität? Eine Vergangenheit? In parallelen und versetzten Sprechströmen, in Wiederholungen oder in echogleichen Sprechschleifen sondern sie ihre Gedanken und Meinungen ab. Sie wollen doch so gern, dass etwas passiert. Und wollen sich so gern ihrer selbst gewiss werden.
Mit freundlicher Unterstützung des uniT-Verein für Kultur an der Karl-Franzens-Universität Graz
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Doch es gibt einen, der läuft, einen, der an die Kneipen pisst und dann weggeht. Er ist besonders, er ist anders, das haben sie schon immer gewusst. In ihn setzen sie all ihre Hoffnungen. Er soll ihnen sagen, was die Zukunft bringt. Sie setzen sich zu ihm, wenn er in der Kneipe den Kopf auf die Arme stützt. Er soll ihnen erzählen. Aber er tut es nicht. Er schweigt. Er will nicht sprechen. Er trinkt.
Und einer hat‘s vorausgesehen, dass dies nicht der Heilsbringer sein wird. Ein Alteingesessener. Jeder Schritt ist ein Schritt zu weit an diesem Ort, sagt er. Keiner darf den hier tun. Er durfte es auch nicht. Und so ist er stehen geblieben, hat sich hingehockt und legt sich nun nieder. Und bleibt, wo er schon immer war.
Und wieder brennt eine Kneipe…
Der Retzhofer Dramapreis wird alle zwei Jahre vergeben und ging bisher an AutorInnen wie Ewald Palmetshofer, Johannes Schrettle, Gerhild Steinbuch oder Ferdinand Schmalz. In diesem Jahr wurden sogar zwei Autorinnen prämiert, deren Texte unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine davon ist die junge Autorin Miroslava Svolikova, die 1986 in der CSSR geboren wurde und in Wien aufwuchs. Sie studiert derzeit, nach ihrem abgeschlossenen Philosophiestudium, an der Akademie der bildenden Künste Wien. Mit den „hockenden“ hat sie eine Partitur an Stimmen komponiert, eine Polyphonie, wobei unbestimmt bleibt, wer diese Stimmen sind: eine Dorfgemeinschaft? Eine Realität? Eine Vergangenheit? In parallelen und versetzten Sprechströmen, in Wiederholungen oder in echogleichen Sprechschleifen sondern sie ihre Gedanken und Meinungen ab. Sie wollen doch so gern, dass etwas passiert. Und wollen sich so gern ihrer selbst gewiss werden.
Mit freundlicher Unterstützung des uniT-Verein für Kultur an der Karl-Franzens-Universität Graz
FRIZZ
„Ein intensiv beklemmendes Theaterstück. [...] Plastischer und nuancenreicher kann man Lähmungen in all ihren Spielarten nicht vorführen. [...] Ganz stark.“
LVZ
„Die schauspielerischen Leistungen überzeugen durchweg.“
Deutsche Erstaufführung am 15. April 2016
Spieldauer
ca. 1:05, keine PauseBesetzung
Team
Autorin: Miroslava Svolikova
Regie: Mirja Biel
Bühne & Kostüme: Tine Becker
Musik: Sophia Kennedy
Video: Ari Merten
Korrepetitor: Francesco Greco
Licht: Thomas Kalz