Tour 3 – Die Umsiedler.

Faust II, 5. Akt: Von seinem Palast hinab blickt Faust auf eine Landschaft, die sein größtes Werk sein soll: Mithilfe dämonischer Energie und modernster Technik (und wer mag beides voneinander unterscheiden?) hat er einen wilden Küstenstreifen zu einer wohnlichen und aufgeräumten Kulturlandschaft umgearbeitet. Nur eine kleine morsche Hütte mit Kapelle stört das Bild. Hier leben Philemon und Baucis, die sich beharrlich der Umsiedlung durch den großen Mann widersetzen. Oder sind sie dem allgemeinen Fortschritt im Wege? Was folgt, ist Gewalt und Zerstörung …

Diese Szene, geschrieben 1831, scheint wie das Urbild des Schicksals von rund 23.000 Menschen im Leipziger Südraum. Die extensive Ausbeutung der regionalen Braunkohlevorkommen hat über fast 100 Jahre hinweg die Landschaft nachhaltig zerstört, zahlreiche Ortschaften fielen den Schaufelradbaggern und Förderbrücken zum Opfer. Heute geht der Blick vom Völkerschlachtdenkmal über eine vielbesuchte Seenlandschaft, die der wachsenden Metropole Leipzig als Naherholungsgebiet dient. Doch gleichzeitig verbergen sich unter der Wasseroberfläche Geschichten von Heimatverlust und Zwangsumsiedlung.